Meinung • am 15.09.2017 von Matthias

Feel Goods - Käufe zum Wohlfühlen

5 Ansätze, wie ihr zu einem kritischeren Konsumenten werden könnt

© actree

Wer kennt das nicht? Da hat man lange auf etwas Neues gespart und irgendwann ist es dann so weit: Der Moment des Kaufens, des In-Besitz-Nehmens naht, man wird ganz aufgeregt und fühlt sich wie ein kleines Kind vor einer Schaufensterscheibe. Und egal, ob der Kauf nun im Internet oder tatsächlich im Geschäft getätigt wird, das Gefühl ist immer da und die Freude über die neue Investition fühlt sich riesig an. Über unsere actree-Einträge lassen sich dazu auch noch Produkte finden, die fair produziert und nachhaltiger sind als ähnliche Produkte herkömmlicher Hersteller. Da freut sich das Umwelt-Gewissen und man hat bei seiner Investition auch noch gleichzeitig das Gefühl, etwas Gutes zu tun. Doch egal, worum es sich handelt, irgendwann weicht das Hochgefühl, der Kick des Geldausgebens verblasst und man müsste eigentlich schon wieder etwas kaufen, um das Hochgefühl wieder zu erleben. Dabei geht es gar nicht um den Nutzen des Produktes an sich, sondern um etwas ganz Anderes...

Hol' mir den Kick, den ich absolut brauch! - Seeed in "Ding"

Das beschriebene Szenario werden viele kennen, vermutlich in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Ich selbst kenne es auch gut, doch brachte es mich auch zum Nachdenken, gerade im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit. Für die Herstellung eines Produktes, ob öko oder nicht, werden immer Ressourcen verbraucht. Das ist klar wie Kloßbrühe. Im Sinne eines nachhaltigen Lebensstils ist also die Frage, welche Funktion der Kauf für uns hat und ob er „wirklich notwendig“ ist, bzw. ob die Produktion den individuellen Nutzen rechtfertigt. Zu Deutsch: „Brauche ich das wirklich?“ Dies ist eine sehr individuelle Frage und hier wird jeder Leser sehr unterschiedliche Grenzen für sich ziehen. Fakt ist jedoch, dass es genügend Gründe gibt, warum Menschen etwas kaufen, die abseits vom eigentlichen Nutzen des Produktes stehen: So wird in diesem Artikel auf ZEIT Online zum Beispiel der Grund genannt, dass wir durch Kaufen unsere Gefühle regulieren können. Nach einer Studie der Carnegie Mellon University sind wir Menschen sogar bereit, mehr Geld auszugeben, wenn es uns nicht so gut geht, damit wir uns besser fühlen. Dabei spielt das Glückshormon Dopamin eine große Rolle, welches unser körpereigenes Belohnungssystem anspringen lässt, ähnlich wie bei einem Drogenrausch oder Ausdauersport.

Kaufen kann uns ähnliche Gefühle geben, wie ein Drogenrausch oder Sport

Dinge zu kaufen, die uns ein gutes Gefühl geben, die wir aber nicht zwingend benötigen, die sogar nach kurzer Zeit uninteressant werden, ist also etwas anderes als Dinge zu kaufen, die wir wirklich zum Leben benötigen. Dies wurde mir irgendwann so bewusst, dass ich anfing, mit meinem eigenen Kaufverhalten kritischer umzugehen. Der Mensch braucht heutzutage nicht mehr als Jäger und Sammler zu leben und Dinge zusammenzuraffen (Bei mir sind es Schallplatten, ich gebe es schuldbewusst zu...). Dass es Menschen in unserer Überflussgesellschaft gibt, die mit wenigen Dingen gut auskommen, sieht man ja zum Beispiel an der simplify- und zero-waste-Bewegung. Dabei hat wenig Konsum und damit wenig Besitz ja immense Vorteile: Umzüge werden einfach, man benötigt weniger Wohnraum, behält den Überblick, verhält sich ökologischer und gibt weniger Geld aus. Des Weiteren kommt man, so esoterisch es klingen mag, ein wenig zu sich selbst, da das Belohnungssystem anders gefüttert werden möchte und es nötig ist, sich Alternativen zu überlegen. Der erste Schritt ist jedoch, sich selbst darüber bewusst zu werden, wann, wie oft und warum man etwas kauft. Ich fasste mir also den Vorsatz, mit meinem eigenen Konsumverhalten kritischer umzugehen und möchte meine Ideen diesbezüglich mit Euch teilen.

5 Tipps für einen kritischeren Konsum

  • Gebraucht kaufen! Das macht es nicht nur günstiger, man bekommt auch oft gute Qualität und nebenbei wird zum Beispiel auf dem Flohmarkt der Jäger- und Sammler-Trieb auf eine für Umwelt und Geldbeutel sanfte Art befriedigt.

  • Legt eine Wunschliste an, statt sofort zu kaufen und überschaut diese Liste nach einer Woche noch einmal. Ihr werdet merken, dass sich Prioritäten verschieben und das Verlangen nach bestimmten Produkten mit der Zeit abnimmt.

  • Ein Tipp für die Sammler unter uns: Legt euch auf eine bestimmte Anzahl an Sammelobjekten fest. Diese Zahl darf nie überschritten werden! Möchte ich etwas Neues haben, verkaufe ich etwas anderes aus meinem Bestand weiter. Bei Büchern, Cds, Schallplatten und Klamotten ist dies zum Beispiel leicht machbar (Übrigens alles Produkte, die man auch sehr gut gebraucht kaufen oder leihen kann. Das alte Album aus der Jugendzeit, welches man sich aus nostalgischen Gründen alle paar Jahre mal einmal anhört und dann wieder in den Schrank stellt, kann man sich also meist leicht wieder beschaffen und dann wieder zurückgeben, wenn man denn in Zeiten von Streaming-Diensten unbedingt Tonträger abspielen möchte.).

  • Ein Haushaltsbuch, in das man alle Ausgaben, die man hat, mit Datum einträgt, kann eine Übersicht über den eigenen Konsum ermöglichen. In der Rückschau ist es so möglich, nicht nur den Konsum zu überblicken, sondern sich auch gerade bei Sonderausgaben zu überlegen, ob diese wirklich nötig waren oder ob es Alternativen gibt. Das Schöne am Haushaltsbuch: Der Überblick über die eigenen Finanzen erleichtert auch erheblich das Geldsparen! Ein Haushaltsbuch führt man entweder ganz altmodisch mit Stift und Papier, oder per App. Eine seriöse Übersicht und Bewertung von Haushaltsbuch-Apps findet sich hier.

  • Gerade wenn du dazu neigen solltest, gerne in einen Kaufrausch zu verfallen (vielleicht, um dadurch tatsächlich dein Befinden zu verbessern), erscheint es sinnvoll, sich Alternativen hierzu zu überlegen. So verhinderst du nicht nur den Kauf von Dingen, die du eigentlich nicht brauchst, sondern erweiterst gleichzeitig dein Freizeitspektrum. Sport, das Erledigen von Alltagsaufgaben, Sex oder kreatives Schaffen sind dafür bekannt, unser Belohnungssystem anzuregen. Vielleicht belohnt man sich auch einfach mit einem guten Essen. Da wäre das Geld vermutlich besser angelegt ;)

Weitere konkrete Überlegungen, die man vor jedem Kauf tätigen kann, hat Zero-Waste-Bloggerin Shia hierzu unter Punkt 3 in ihren „grünen Vorsätzen für das Jahr 2016“ zusammengefasst.

Seine Konsummuster zu verändern ist nicht ganz so einfach. Auch ich bin weiter mitten im Veränderungsprozess. Ich hoffe, dieser Beitrag kann einige Anregungen und Denkanstöße liefern. Habt ihr noch weitere Ideen zum Thema Konsum? Dann schreibt gerne in die Kommentarspalte. Ich bin gespannt auf Eure Ideen!

Quellen und Literaturhinweise:

Nachhaltigkeit und Konsum:

https://www.nachhaltigkeitsrat.de/fileadmin/_migrated/media/Broschuere_Konsum_und_Nachhaltigkeit_texte_Nr_31_Maerz_2010_01.pdf

Mesolimbisches System („Belohnungssystem“):

http://www.elenabauer.de/dopamin/index.html

Pape, Hans Christian (2010), Integrative Funktionen des Gehirns, in: Klinke et. al. (2010): Physiologie, 6. Auflage, Stuttgart, 816-849