Wissenswert • am 07.07.2017 von Matthias

Die Sache mit den Siegeln

Ist bio=fair? Und wieso hängen an meinen neuen Klamotten so viele Schildchen dran?

Picture by actree

Jedem bewussten Einkäufer springen sie meist sofort ins Auge: Siegel, manchmal auch Labels genannt, die dem interessierten Konsumenten versichern sollen, dass das entsprechende Produkt besonders ökologisch oder nachhaltig produziert worden ist. Dabei ist oft jedoch nicht ganz klar, was die einzelnen Siegel eigentlich bedeuten und was sie über die Nachhaltigkeit des jeweiligen Produktes überhaupt aussagen. Gerade bei "Bio"-Labels kommt bei mir oft Skepsis auf, wenn beispielsweise die Kartoffeln im Bio-Supermarkt, schön ausgezeichnet mit entsprechendem Siegel, aus dem fernen Ägypten kommen. Oder wenn sich im normalen Supermarkt die Bio-Gurken von den anderen Gurken dadurch unterscheiden, dass sie einmal komplett in Plastik eingeschweißt worden sind, während die anderen Gurken lose herumliegen. Hier stellt sich mir oft die Frage des geringeren Übels beim Konsum und meistens kaufe ich entsprechende Produkte dann gar nicht erst. Aber wozu dann Siegel, wenn man als mündiger Konsument nach einigen solcher Erfahrungen eh den Eindruck hat, dass man hier auf gut Deutsch verarscht wird?

Aller Kritik zum Trotz stellen Siegel erst einmal Verbindlichkeiten her: Sie stellen klar, auf welche Bedingungen sich Produzenten geeinigt haben, um ihre Produkte ökologischer, fairer oder nachhaltiger zu gestalten. Die Zertifizierungsstellen, im Idealfall komplett unabhängig von den Produzenten, überprüfen, ob die vorgegebenen Bedingungen eingehalten worden sind und kleben dann ihr Siegel auf das Produkt oder gleich die ganze Firma. So weit so gut. Leider ist nur für den Konsumenten nicht ersichtlich, auf welche Bedingungen sich die Firmen da eingelassen haben. Aber dafür klingt alles ganz gut. Auf Textilien findet sich beispielsweise oft das Siegel "Textiles Vertrauen - schadstoffgeprüfte Textilien nach Öko-Tex Standard 100" in gelb-grün mit einem Blümchen dran. Klingt super und lädt zum unbedenklichen Kauf ein, vor allem wenn es um Kinderbekleidung oder Ähnliches geht. Dass es bei dem Siegel jedoch ausschließlich um das Endprodukt geht und nicht um eine vollständige Freiheit von Schadstoffen - es gibt nur Grenzwerte - ist aus dem Namen nicht ersichtlich.

Es lohnt sich also, sich mit den gängigsten Siegeln mal näher zu beschäftigen, um mehr Informationen über die Produkte, die man kaufen will, zu bekommen. Für Bekleidung kann man dies zum Beispiel auf der Website der Christlichen Initiative Romero tun (In der Mitte gibt es allgemeine Infos über Siegel, während man auf der rechten Seite die Labels selbst anklicken kann). So kann sich jeder selbst ein Bild machen, welchen Siegeln er vertrauen möchte und wovon er vielleicht die Finger lässt.

Wichtig zu wissen ist, dass viele Firmen, die sich auf Nachhaltigkeit spezialisiert haben, oft über die in den Siegeln genannten Standards hinausgehen. Die Siegel stellen also nur einen kleinsten gemeinsamen Nenner in diesen Fällen dar. Je höher die Anforderungen sind, die ein Siegel stellt, desto weniger Zertifizierungen werden möglich sein.