Erfahrungsbericht • am 04.10.2017 von Matthias

Back To Jägern and Sammlern

Mundraub.org bietet eine tolle Alternative zum Supermarkt und selber Gärtnern!

Gründe für Ausflüge in’s Grüne gibt’s genug - Mundraub bietet uns einen Grund mit kulinarischem Aspekt.

Beim heutigen Eintrag handelt es sich um einen Web-Tipp, der dazu einlädt, natürliche Nahrungsressourcen in der Stadt (aber natürlich auch auf dem Land) zu entdecken und zu nutzen. Angefangen hat bei mir alles mit Maronen: Im Herbst kommt es bei mir, wenn ich durch die Innenstadt flaniere, immer wieder zu lentalen Reizüberflutungen in Form von gerösteten Maronen, die verführerisch duften und zu Wucherpreisen in kleinen Papiertütchen verkauft werden. Fragt man nach, kommen diese Maronen zumeist aus Frankreich. Komisch, denke ich, erinnere ich mich doch an meine Kindheit, die ich nicht ganz so städtisch verbracht habe: So gingen wir jedes Jahr im Herbst mit der ganzen Familie in den Wald, um Esskastanien zu sammeln und sie dann zu Hause zu rösten. Maronen gibt's also auch hier, warum der weite Weg aus Frankreich?

In Erinnerung an diese Sammelaktionen dachte ich mir vor ein paar Jahren in meiner neuen Heimat nach einem herbstlichen Ausflug in die Innenstadt voll mit Maronenduft, dass es hier ja wohl auch Kastanienbäume geben muss! Kurz gegoogelt (bzw. ecosiat, oder ecosiert..?) stieß ich auf die Seite Mundraub.org, auf welcher nicht nur Kastanienbäume in ganz Europa verzeichnet sind. Was folgte, ging sehr schnell: Online machte ich eine Fundstelle in der Nähe aus, besuchte diese mit meiner Freundin und wir kehrten mit reicher Beute heim. Und das alles vollkommen für lau und legal! Seither wird diese Fundstelle jedes Jahr gerne von uns besucht. Dabei hatte ich nie den Eindruck, an der Sammelstelle anderen Sammlern die Fundstücke wegzuschnappen oder den Pflanzen dort zu schaden. Zugegeben ist die Ernte bei Kastanienbäumen sehr einfach, da die Früchte sehr hoch hängen und bei entsprechender Reife von selbst auf den Boden plumpsen.

Doch auch an anderen Fundstellen habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass die Sammler dort tatsächlich sehr achtsam agieren. Denn nicht nur Kastanien finden sich auf Mundraub verzeichnet: Obststräucher und -bäume, Kräuter jeglicher Art sowie Nüsse lassen sich bequem über die Seite finden. In der Nähe meiner Wohnung finden sich beispielsweise in einem Umkreis von ca. fünf Minuten Fußweg zwei Nussbäume, ein Baum mit Boskoop-Äpfeln sowie eine Fundstelle für verschiedene Wiesenkräuter. Auch Mostereien, die gefundenes Obst schnell zu Saft verarbeiten, sind auf der Seite verzeichnet.

Das Prinzip von Mundraub funktioniert über Nutzereinträge: Wer wild wachsende Nahrungsmittel findet, trägt diese auf der Seite ein, damit Nutzer der Seite diese Fundstellen auch finden und erschließen können. Dabei weisen die Mundräuber auf ihrer Seite ausdrücklich darauf hin, sich vor dem Eintragen zu erkunden, ob das betreffende Grundstück und damit die darauf zu findenden Schätze Jemandem gehören, oder ob sie Allgemeingut sind. Bei welchen Ämtern man darüber Auskunft bekommt, wird hier geschildert. Gibt es fehlerhafte Einträge, können diese von anderen Nutzern angezweifelt und dann vom betroffenen Nutzer oder vom Mundraub-Team entfernt werden. Weiterhin wird auf der Seite dazu aufgerufen, mit den Fundstellen sorgsam umzugehen, nicht zu viel zu sammeln und es gibt viele Informationen zum Thema Umwelt- und Pflanzenschutz. Sogar ein Buch gibt Mundraub heraus, welches u. a. Infos über die richtige Ernte und Pflege bestimmter Pflanzenarten gibt sowie auch über rechtliche Gegebenheiten informiert. Auch organisiert und unterstützt das Mundraub-Team immer wieder Aktionen, Gruppen und Touren rund um die Themen Umweltschutz, Urban Gardening, den Erhalt seltener Pflanzen u. v. m. und informiert über diese Themen mit einem eigenen Blog. Erklärtes Ziel von Mundraub ist es außerdem, „in Vergessenheit geratene Früchte wieder in die Wahrnehmung zu rücken und in Wert zu setzen, um sie als Teil unserer Kulturlandschaft und der Biodiversität dauerhaft zu erhalten“. Auch wenn ich selber kein Mundräuber geworden bin, bin ich dennoch von dieser Arbeit begeistert und nutze die Seite gerne.

Je nachdem, was man sammelt, wird auch tatsächlich eine tolle Alternative zum Kauf von Lebensmitteln geboten: Der Begriff „regional“ trifft hier tatsächlich nachweislich zu und zumindest für mein Beispiel der Esskastanie kann ich sagen, dass meine Freundin und ich von einem Ausflug im Jahr den ganzen Herbst von der Ernte zehren können (Und dabei tolle Maronen-Rezepte ausprobieren: Geröstet und gesalzen als Snack, gekocht als Füllung für Kohlrouladen, u. v. m.), da man Esskastanien nach kurzem Blanchieren auch toll einfrieren kann. Wir konnten damit also auch eine Menge Geld sparen. Doch auch der Umgang mit der Natur und der Spaziergang in die grünen Ecken einer Stadt finde ich sehr reizvoll. In diesem Sinne: Frohes Sammeln und lasst es euch schmecken!